Panzer auf dem Deich von Westkapelle

Westkapelle – der Deich als Waffe

Wasserkriege sind seit Jahrtausenden Bestandteil militärischer Strategieplanung. Schon im Altertum wurden Deiche zerstört, Ländereien gezielt überschwemmt. Diese Strategie spielt bis in die Gegenwart beispielsweise im Nahen Osten immer mal wieder eine Rolle. Auch auf Walcheren und insbesondere in Westkapelle könnt ihr euch diese höchst riskanten Armeemanöver anschauen. Zumindest die Spuren und Zeugnisse davon sind noch aus dem Zweiten Weltkrieg vorhanden. Zur Strategie: Polder werden als Überflutungsräume  genutzt. Es gibt zudem bei dieser Art Kriegstaktik ganze Systeme aus Tunneln, Kanälen und Wassergräben als effektive Waffen. Selbst Clausewitz schreibt schon über solche Wasserkriege. Und in Walcheren findest du dazu sehr spannende Geschichten.

Ein Panzer auf dem Deich, das seht ihr mit Sicherheit nicht alle Tage. Doch in Westkapelle thront ein mächtiger „Sherman“ aus dem Zweiten Weltkrieg hoch über den Wellen des Meeres – ein imposantes Motiv zum Fotografieren.

Zeitungsartikel zur Deichsprengung von Walcheren

Deutsche Zeitung zur Deichsprengung

Der Westwall und die deutsche Besatzung

Bekanntlich wurden die Niederlande im Zweiten Weltkrieg von der deutschen Wehrmacht besetzt. Nach der jahrelangen Besatzungszeit und der Errichtung des berühmten Atlantikwalls kam es schließlich im Herbst 1944 zur Rückeroberung durch die Alliierten. Die Deutschen setzen auf eine Verzögerung des Vormarsches durch die Sprengung von Deichen. Freilich war die Übermacht zu groß für einen echten Gegenschlag an der Westfront. Aber die alliierten Truppen konnten nur langsam vorrücken. Den Preis dafür bezahlte die Bevölkerung auf Zeeland, das wegen dieser strategischen Sprengung zu großen Teilen überflutet wurde.

Britische Bomben auf Deiche und Dörfer

Auch die Alliierten selbst setzten auf die Waffe Wasser. Am 3. Oktober 1944 griffen Bomber der Royal Air Force den südlichen Deich von Westkapelle an und zerstörten das Bollwerk gezielt für eine Überflutung. Auf diese Weise sollten die deutschen Truppen bewegungsunfähig gemacht werden. Eine Taktik, die wie eingangs erwähnt seit Jahrtausenden in der Region zum Kriegshandwerk gehört.
Puppe im Polderhuis Westkapelle die einen kanadischen Befreier darstellt

Szene im Polderhuis – die Befreier verhaften die Nazis

Allerdings nahm die Britische Luftwaffe nicht nur den Tod vieler Zivilisten durch Bomben in Kauf – auch die frei einfließende Strömung des Meeres riss die Menschen von Walcheren aus dem Leben. Aber wahrscheinlich war es notwendig, um Walcheren und ganz Südholland von der Schreckensherrschaft der Nazis zu befreien. Wenn du mehr um die Schlacht an der Schelde erfahren möchtest, empfehlen wir dir diesen Artikel von Wikipedia.
Wenige Woche später landeten die Truppen der Alliierten in der Region. Beiderseits des zerstörten Deichs stießen Kampfpanzer in Richtung Südwesten vor. Einer dieser massigen Sherman-Tanks kannst Du heute noch auf dem Deich in der Nähe vom Polderhuis Museum besichtigen. Die eigentliche Zerstörung am Deich wurde erst im Herbst 1945 beseitigt. Westkapelle brauchte Jahre, um sich von den Verheerungen des Zweiten Weltkrieges zu erholen.

Walcheren und die Region Zeeland sind auch im Rahmen von militärisch inspirierten Besichtigungstouren spannend. So finden sich Spuren der Wasserkriege genauso wie Bunkeranlagen vom ehemaligen Westwall in der Region. Im Nachbarort von Westkapelle, in Zoutelande, gibt es ein Bunkermuseum, das eindrucksvoll die enge Behausung der militärischen Unterstände zeigt.

Wasserkriege in der Geschichte

Es wäre bei dieser mächtigen Waffe ein leichtes, all die geglückten oder auch gescheiterten Sprengungen von Deichen auf dieser Welt aufzuzählen. Von Saddam Hussein bis zum Islamischen Staat wird immer mal wieder versucht, Staudämme in die Luft zu jagen. In Zeeland und rund um Walcheren war demgegenüber vor allem der 80jährige Konflikt mit den Spaniern ein Wasserkrieg. Auf den Meeren kreuzte die Große Armada und an den Mündungen der Flüsse, in den Poldern und auf dem Deich fochten die Ritter der frühen Neuzeit ihre Schlachten aus. Überflutungen wurden eingesetzt, doch in den meisten Fällen gerieten diese Naturgewalten außer Kontrolle und wie im Krieg so üblich wurde vor allem die Zivilbevölkerung in Mitleidenschaft gezogen.

Militärexperten stehen Deichflutungen skeptisch gegenüber

Gedenkstätte für die Toten des 2. Weltkriegs hinter dem Leuchtturm Westkapelle

Gedenkstätte für die Toten des 2. Weltkriegs hinter dem Leuchtturm Westkapelle

Mit einer strategischen Flutung lässt sich natürlich großer Schaden anrichten, die gegnerischen Truppen werden mindestens logistisch schwer beeinträchtigt. Das funktioniert aber nur bei entsprechender Vorbereitung und anschließender Versiegelung der Deiche, was in der Praxis durch die Kriegsstrategen jedoch kaum durchdacht wird. Deshalb haben solche Ansätze meistens eher beschränkten Erfolg, richten jedoch großen Schaden für die lokale Bevölkerung an.

Wenn du dich auf die Spurensuche zur Geschichte von Westkapelle gemacht hast, dann schick uns doch ein Foto davon. Wir veröffentlichen es, vielleicht mit einem kurzen Satz von dir und deinem (Vor-)Namen in unserer Rubrik „Eure Tipps“. Schick alles an mail@info-zeeland.de oder an Google+ & Co. Wir freuen uns auf deine Message.

 

Ein Beitrag der heeren shiny&chrome. Mehr von diesen Autoren? Klick auf das Schaf.